KJL über die DDR

Preisgekrönte Texte

Seite 3 von 3

drüben!

– Simon Schwartz

• Jurybegründung vom Arbeitskreis Jugendliteratur (Lorin)
Die Jurybegründung gibt zunächst an worum es in dem Buch geht. Sie lobt die detaillierte Komposition aus den Realitätsausschnitten von der Kindheit von Schwartz und den knappen Dialogen. Außerdem fließt in die Begründung die Gegenüberstellung der biographischen Kontexte der Eltern ein. Zum einen die positiven Ereignisse mit dem entstehen der DDR als auch die negativen mit der kritischen Sicht auf das neue System. Die Jury lobt die Lebhaftigkeit sowie die spannungsreichen Momente. Laut der Jury ist es interessant wie differenziert die einzelnen Meinungen und Denkprozesse der DDR Bürger den Jugendlichen nahegebracht werden. In der Jurybegründung geht es also hauptsächlich um den Bezug zu der DDR. 

Online verfügbar unter: https://www.jugendliteratur.org/_files_media/akj_publikationen_pdf/djlp_2010_nominierungsliste_druckfassung_26.pdf. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

• Rezension von der Zeit Online – Frank Magdans, 7.November 2009 (Ecem)
Die Rezension beginnt mit der Information, dass Simon Schwartz selbst Sohn eines Ehepaars ist, das das System der DDR nicht mehr aushielt und in den Westen floh. Es folgt ein Kommentar darüber, dass es offensichtlich sei, dass ca. 20 Jahre nach dem Mauerfall Geschichten über das Leben in der damaligen Zeit folgen würden. 

Dass Schwartz in seinem Comic die Gründe für die damalige Flucht seiner Eltern beschreibt, ist in der Rezension von großer Bedeutung. 

Nach einer knappen Inhaltsanalyse trifft Magdans Aussagen darüber, dass das Comic nicht das System der DDR verurteilt, sondern das Innenleben der Figuren offenlegt. Neben einigen Bewertungen der Illustrationen, welche auch in Verbindung mit der Darstellung der DDR gebracht werden, handelt die Rezension überwiegend von dem Bezug des Buches zur DDR. Auch sagt Magdans, dass das Comic nicht als moralischer Zeigefinger fungiert, sondern einen persönlichen Rückblick zu den Gründen der Flucht seiner Eltern darstellt. 

Online verfügbar unter: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2009-11/simon-schwartz-drueben.  Letzter Zugriff: 14.05.2020

• Jurybegründung von deutscher Jugendliteraturpreis (Tuana):
Der Jurybegründung kann in vollem Umfang zugestimmt werden.
Sie beginnt zunächst mit einer kleinen allgemeinen Einleitung über die generelle Situation der damaligen Zeit und wie sich die meisten Menschen fühlten. Die Jury gibt positive Resonanz über die Darstellung der Realitätsausschnitte, die Schwarz als eigene Kindheitsgeschichte in kurzen Dialogen wiedergibt. Dieser kann nur zugestimmt werden, da wie ich finde, diese dem Leser damit einen besseren Einblick geboten wird. Im Buch werden sowohl die Wünsche und Träume der Menschen, als auch die Schwierigkeit diese zu erfüllen in den Vordergrund gestellt. Auch hier geht die Jury explizit darauf ein und lobt die Gegenüberstellung beider Parteien. Jedoch finde ich, dass die Schwierigkeiten, beziehungsweise die Hürden, die sie erleben müssen deutlich mehr in den Vordergrund gestellt werden, als die Wünsche, die ihnen auf Grund der damaligen Situation nicht möglich waren zu erfüllen. Diese werden besonders in diesen Passagen deutlich:


„Er hatte eigentlich freie Kunst studieren wollen, war aber aufgrund eines Lehrermangels in der DDR dazu überredet worden, Mathematik- und Kunstlehrer zu werden“


„Sieh mal, da ist doch auch etwas Malen mit dabei und danach kannst du immer noch Kunst studieren“ – „Allerdings sagte man ihm damals keiner, dass man in der DDR kaum zweimal studieren durfte.“ ( S. 40 )


„Wir möchten aber nach West-Berlin ausreisen“ – „Was glauben Sie eigentlich, wer sie sind?! West-Berlin ist eine selbstständige politische Einheit! Das geht gar nicht!“ ( S.97- 99 )


Die Jury lobt die objektive Darstellung der lebhaften schwarzweiss Bilder und hebt besonders die Spannung, die dadurch aufkommt in den Vordergrund. Dieser kann ich nur zustimmen, da auch mich beim lesen dieses Buches die Bilder sehr angesprochen haben und mich dabei unterstützt haben, sich die Situation bildlich vorstellen zu können.
Diese werden auf allen Seiten des Buches sichtbar. ( S. 7- 108)

• Rezension (Tuana):
Der Rezension kann im großen und Ganzen zugestimmt werden. Wie auch in der Rezension schon beschrieben, handelt das Buch über Simon Schwarz, der seine eigene Kindheit und selbst als Sohn eines Ehepaars, welches aus der DDR geflohen ist, beschreibt. Nach einer kurzen Inhaltsangabe wird schnell klar, dass die Familie von Simon Schwarz einiges auf sich nehmen musste, um endlich glücklich zu werden. In der Rezension wird erwähnt, dass der Vater den Entschluss gefasst hätte, in den Westen auszureisen, man jedoch nicht weiterlesen brauch, da man weiß, was passiert. Dem kann ich nur zustimmen. Gerade in der Mitte des Buches lässt sich sehen, dass der Vater es ziemlich schwer hat. Er wird innerhalb seiner Zeit ständig mit der damaligen Situation konfrontiert und gilt als Verräter, weil er sein Land verlassen möchte. Er muss sich mit Anschuldigungen rumschlagen, die gar nicht so stimmen. Auch mit seiner eigenen Familie hat er es nicht leicht, da diese den wahren Grund nicht sehen möchten. Dies weist besonders diese Szenen auf:

„Eine Verbindung der beiden Welten, in denen er lebte, schien unmöglich.“ – Versteht ihr, warum man Wolf Biermann ausgebürgert hat? Er hat doch nur konstruktive Kritik an unserem Land geübt.“ – „Ach, wo hast du denn so was her? Iss lieber auf. Dein Essen wird sonst kalt“ ( S. 48-49 )


„Nun, das war letzten Freitag richtig? Da war ich wie immer zuhause und habe mich um meinen Sohn gekümmert.“ ( S. 90- 91 )


Die Rezension bezieht sich hauptsächlich um die Gründe, wieso der Vater sein eigenes Land verlassen hat. In der Rezension wird gesagt, dass die persönlichen Schicksalsschläge von Simon Schwarz auf weitere Menschen, die in der DDR gelebt haben zutreffen. Dem kann ich nur beipflichten, gerade auch für die Menschen, die die gleiche Situation miterleben mussten, sich in dem Buch sicher wiederfinden. Auch wenn sie nicht die gleichen Hürden überwinden mussten, so hatten die meisten Menschen es nicht leicht zu dieser Zeit. Magdans beschreibt in seiner Rezension, dass der Comic von Simon Schwarz nicht nur als typisches Merkmal der DDR fungiert, sondern auch als Individuelle Vergleichsoption dient. Dem kann man im vollem Umfang zustimmen.

Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

– Manja Präkels

•Jurybegründung vom Arbeitskreis Jugendliteratur (Lorin)
Die Jurybegründung beginnt zunächst mit einer kurzen Übersicht des Buches und dessen Themen. Die Jury beschreibt Präkels Buch als faszinierend, autobiografisch und spricht von einer dokumentarischen Genauigkeit vom Aufwachsen in der DDR. Zudem lobt die Jury die authentische Schilderung der Alltagskultur in der DDR und führt dies am Beispiel von Minis Familie vor. All dies gelingt Präkels laut der Jury mit einer mal sachlichen, mal poetischen Sprache. Den Lesern wird also anschaulich vor Augen geführt wie die zunehmende Beklemmung und Angst angesichts rechter Gewaltsexzesse in der Wendezeit war. Die Darstellung der DDR macht in der Jurybegründung etwa die Hälfte aus.  (preisträger 2018)

Online verfügbar unter: https://www.jugendliteratur.org/buch/als-ich-mit-hitler-schnapskirschen-ass-4137-9783957322722/?page_id=1. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

• Rezension des Borromäusvereins – Lotte Schüler (Ecem)
Lotte Schülers Rezension beginnt mit einer kurzen Wiederhabe des Inhalts. Sie schreibt von den feinen Beobachtungen der Protagonistin, die ihre eigene Entwicklung und die ihrer Freunde, von denen einer sich später Hitler nennt, beschreibt. Das Buch bezeichnet Schüler als besonders, da es die Versäumnisse aller aufdeckt und in einer Sprache schreibt, welche spröde erscheint, jedoch zu den Bewohnern der Orte passt. Die Beschreibung und Darstellung der DDR macht in dieser Rezension den größten Teil aus. 

Online unter: https://www.borromaeusverein.de/medienprofile/rezensionen/9783957322722-als-ich-mit-hitler-schnapskirschen-ass/ 14.05.2020

• Bewertung der Einschätzungen (Lorin)

Zur Jurybegründung


Der Jurybegründung kann in vollem Umfang zugesprochen werden. Das ganze Buch ist in einem verständlichen Schreibstil geschrieben, sodass sie der Kategorie „Kinder- und Jugendliteratur“ wirklich zugeordnet werden kann. Mimi beschreibt ihre Familie in dem Buch sehr authentisch die auf folgende Passage zurückgeführt werden kann: „Wir wohnten >>alle uffnander<<, wie Otto Brunk, der Kneipier, bei jeder Gelegenheit bemerkte.“ Die ganze Familie lebte wie in dem Buch beschrieben wirklich beieinander und führte ein ganz einfaches Leben.


Zur Rezension


Der Rezension kann zugestimmt werden, denn der zentrale Aspekt des Buches betrifft die Entwicklung von Mimi und ihren Freunden, die einerseits rechtsradikal werden und anderseits nichts mit alldem zu tun haben möchten. Die „friedliche“ Seite möchte lediglich ihre Jugend ausleben und nichts von all dem wissen. Die Entwicklung beginnt recht friedlich, vor allem die Freundschaft die Mimi und Oliver anfangs hatten bestätigen dies.
„Die rauchte er dann in der Verborgenheit eines alten Kohlenkellers, während ich draußen Schmiere stand, um zu verhindern, dass der Vater davon Wind bekamm.“
Hierbei wird von einer typischen Jugend zwischen Mimi und Oliver erzählt.

Lilly unter den Linden

– Anne C. Voorhoeve

• Jurybegründung vom Arbeitskreis Jugendliteratur (Lorin)
Die Jurybewertung gibt hauptsächlich den Aufbau sowie den Inhalt des Buches wieder. Lilly möchte zurück in die DDR um ihrer Tante näher zu sein und den Schmerz über ihre Mutter vergessen. Die Jurybegründung erfolgt hauptsächlich nur über die tiefen Gefühle von Lilly und davon, wie liebevoll, rührend und mitfühlend das Bucht aufgebaut ist. Die DDR hat in diesem Fall nichts mit der Begründung zu tun. Es geht viel mehr darum, dass Lilly in die DDR zurückkehrt, um eine Familie zu haben. 

Online verfügbar unter: https://www.jugendliteratur.org/buch/lilly-unter-den-linden-1631. Letzter Zugriff: 14.05.2020

• Rezension aus Jugendbuchtipps.de – Ulf Cronenberg, 15. Mai 2008. (Ecem)
Die Bewertung beginnt mit einer Anerkennung über die Darstellung der DDR in dem Buch. Das Buch sei eines der wenigen Bücher, das die Unterschiede der beiden Lebensweisen in der DDR und in der BRD veranschaulicht. Der Kommentar zu der zurückhaltenden und wenig aufdringlichen Schreibweise des Buches wird darauf bezogen, dass es nur so dem Thema angemessen sei. Es wird als Stärke des Buches bezeichnet, dass wenig über die Politik geschrieben wird, sondern vielmehr dem Leser etwas über das Leben in der DDR vermittelt wird, welcher dann die Unterschiede zum Leben in der BRD erfahren kann. Auch rückt das Buch mit den vielen Informationen über die Stasi, die Warenknappheit der DDR etc. in ein gutes Licht. Neben einer kleinen Kritik zur Schreibweise des Endes, besteht diese Rezension hauptsächlich aus einer Bewertung der Darstellung der DDR.

Online verfügbar unter: https://www.jugendbuchtipps.de/2008/05/15/buchbesprechung-anne-c-voorhoeve-lilly-unter-den-linden/. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

• Bewertung der Einschätzungen (Ecem)
Zur Jurybegründung

Der Jurybegründung kann vollkommen zugestimmt werden. An vielen Textpassagen lassen sich die Gefühle Lillys und ihr starker Wunsch, in die DDR zu fliehen, um eine Familie zu haben, nachempfinden. „ ‚Sie lassen meine Familie nicht raus‘, setzte ich ihr auseinander, ‚also muss ich rein. Ich will zu Lena, ob sie in der DDR oder in Honululu oder sonst wo ist.‘“ 

„ ‚Besser zusammen in der DDR als alleine hier.‘“ (S. 116-117)

Zur Rezension

Die Rezension zum Buch ist sehr zutreffend. Der Leser kann tatsächlich viel über die Lebensweisen in der DDR und in der BRD erfahren, ohne dass (zu) viel auf die Politik eingegangen wird. 

„Vor dem kleinen Konsum-Geschäft in unserer Straße standen die Leute Schlange. ‚Willkommen im sozialistischen Wartekollektiv‘, flüsterte Lena mir vergnügt zu und packte ihren Beutel aus. Es war ein kleiner Perlonbeutel, den sie immer mit sich trug für den Fall, dass es irgendwo Mangelware zu kaufen gab. ‚Fallsbeutel‘ nannte sie das im Scherz, und zur ‚Mangelware‘ zählten für mich so unexotische Dinge wie Südfrüchte oder Gewürzgurken.“ (S. 224)

Jenseits der blauen Grenze

– Dorit Linke

• Jurybegründung vom Arbeitskreis Jugendliteratur (Lorin)
Die Jurybegründung gibt hauptsächlich den Inhalt des Buches wieder. Neben einer Bewertung des Schreibstils, spricht die Jury von einer intensiven Schilderung eines Zusammenspiels von Kälte, Dunkelheit und Orientierungsschwierigkeiten. Da Linke selbst auch Leistungsschwimmerin war, genau wie ihre Protagonisten, lobt die Jury die glaubwürdige Schilderung der körperlichen Beschwerden während der Flucht. Der Leser kann, so die Jury, Krämpfe, Luftknappheit, Hunger und Müdigkeit beinahe nachempfinden. Die Darstellung der DDR bzw. in diesem Fall der Flucht spielt jedoch in der Bewertung nur eine geringe Rolle

Online verfügbar unter: https://www.jugendliteratur.org/buch/jenseits-der-blauen-grenze-4008-9783734856020/?page_id=1. Letzter Zugriff 14.05.2020.

• Rezension aus Jugendbuchtipps.de – Ulf Cronenberg, 7. Mai 2015 (Ecem)
Cronenberg beginnt seine Bewertung mit Informationen über den Aufbau des Buches und den Zeitsprüngen darin. Er betont, dass jedes zweite Kapitel davon handelt, wie die beiden Protagonisten sich bei der Flucht aus der DDR fühlen. Die Wiederholungen in diesen Kapiteln sind Grund dafür, wieso Cronenberg diese Kapitel als etwas eintönig und in die Länge gezogen beschreibt. Obwohl genau diese Monotonie für den wahren Ablauf der Flucht stehen könnten und eben dies widerspiegeln könnte, hätte sich Cronenberg einen etwas lockereren Aufbau gewünscht.

Einen wichtigen Teil der Rezension macht sein Lob über die Genauigkeit und die Details von Dorit Linkes Beschreibungen über den Alltag oder die Bestrafungen in der DDR aus. Den Grund dafür vermutet er darin, dass Linke selbst in den 80er Jahren in Rostock aufgewachsen ist, genau wie Ihre Protagonisten. Auch dass Linke selbst Leistungsschwimmerin war und eine Art „nachträglichen Augenzeugenbericht“ schreibt, lässt das Buch laut Cronenberg punkten. Die Darstellung der DDR spielt hier für die Rezension also eine enorm wichtige Rolle.

Online verfügbar unter: https://www.jugendbuchtipps.de/2015/05/07/buchbesprechung-dorit-linke-jenseits-der-blauen-grenze/. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

Bewertung der Einschätzungen (Ecem)
Zur Jurybegründung

Wie auch in der Jurybegründung gesagt wird, sind die Schilderungen der körperlichen Schmerzen während der Flucht sehr detailliert und glaubwürdig geschildert worden. Der Leser kann tatsächlich die Dunkelheit, die Kälte und die Orientierungslosigkeit der Protagonisten spüren und darüber hinaus beinahe gemeinsam mit ihnen unter dem Hunger und der Luftknappheit leiden. 

„Beim Training ist es einfach, man zählt die Bahnen. Achtzig, hundert, hundertzwanzigBahnen. Viertausend, fünftausend, sechstausend Meter. Die letzten Male bin ich mindestens hundertfünfzig Bahnen geschwommen: siebentausendfünfhundert Meter. 

Hier draußen ist alles anders, viel anstrengender. Keine Pausen, kein Beckenrand. 

Nur Strömungen, Wind und Wellen. Und Wasser, das mir in den Schnorchel läuft.

Habe Schmerzen in der rechten Wade, ein Krampf naht. Und ich kann nichts machen. Wenn ich das rechte Bein schone und mehr mit dem linken schwimme, kommen wir vom Weg ab, müssen den Kurs korrigieren.“ (S. 57) „Seit diesem Tag weiß ich, wie schlimm Krämpfe im Wasser sind, wenn man sich nicht am Beckenrand festhalten kann, im kalten Wasser bleiben muss, keine Pause machen darf.

Musste mich vor Anstrengung übergeben, ekelhaft. Und der Badeanzug scheuerte mir den Hals auf.“ (S.58)

„Das Wasser wird immer kälter. Kann meine Zehen kaum fühlen, sie sind taub.

Die Handschuhe stören beim Schwimmen, wärmen außerdem nicht, sind mittlerweile sinnlos.“ (S. 61)

Zur Rezension

Wie auch in der Rezension steht, handelt beinahe jedes zweite Kapitel von der Flucht, welche sich größtenteils im Meer abspielt. Jedoch wirken diese Kapitel trotz einiger immer wiederkehrender Merkmale wie die Beschreibungen von Schmerzen oder Hunger, nicht eintönig oder monoton. Grund dafür sind die verschiedenen Ereignisse, die immer wieder passieren:

„Ich will gerade weiterschwimmen, da ruft Andreas: ‚siehst du das Licht?‘ Ich schaue über die Wellen. ‚Wo?‘

‚Dort hinten!‘

Tatsächlich. Ein Licht, im Norden, es blinkt rhythmisch. ‚Was ist das?‘

Es kann doch kein Suchscheinwerfer mehr sein, wir sind viel zu weit draußen.

‚Ein Leuchtturm vielleicht?‘ Er muss sich irren. Noch kein Land, nicht so schnell. Und wenn, dann ist es das falsche Land.

‚Ein Boot. Es muss ein Boot sein.‘

Ja, da ist der Bug! Wird größer, kommt auf uns zu. Ich höre auf zu schwimmen, starre dem Boot entgegen, warte auf das Fahrgeräusch, eine Sekunde, zwei Sekunden. Nichts passiert.“ (S.134)

„Das Segel kommt auf uns zu. Es ist eine größere Jacht, sie leuchtet hell im Sonnenlicht. Plötzlich sieht die Ostsee ganz anders aus, nicht mehr so bedrohlich, nicht mehr so endlos weit. […]

‚Der hat uns gesehen!‘ Andreas winkt weiter, und auch ich ziehe mich hoch, blicke der Jacht entgegen. Mit den Flossen stoße ich gegen das Metall der Tonne. Am Steuerrad steht jemand. […] Die Jacht fährt mit gestrafftem Segel an uns vorbei, ohne die Geschwindigkeit zu reduzieren.“ (S. 156-157)

Durch diese Ereignisse bleibt es bis zum Ende spannend, ob den beiden die Flucht gelingen wird, oder nicht.

Der Rezension muss jedoch darin zugestimmt werden, dass die Beschreibungen über das Alltagsleben in der DDR sehr genau und gelungen sind. Das Buch kann dem Leser dadurch nicht nur Wissen über den Alltag vermitteln, sondern ihn gewisse Situationen tatsächlich nachempfinden bzw. miterleben lassen:

„Im Tunnel kam mir Andreas entgegen. Schon von Weitem sah ich, dass es zu spät war.

‚Hau bloß ab‘, schrie er.

Ich lief im Abstand von einem Meter hinter ihm her.

‚Verschwinde!‘

Seine Stimme hallte laut durch den Tunnel. Einige Werftarbeiter drehten sich um.

‚Ich kann doch nichts dafür. Er hat die Resolution auch in der Penne aufgehängt. Ich darf vorerst nicht mehr hin!‘

‚Vorerst ist gut!‘ Andreas blieb stehen und starrte mich finster an. ‚Ich bin gleich gefeuert worden. Nichts mehr mit Lehre, nichts mehr mit Informatikstudium danach. Alles aus.‘“ (S.255-256)

Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln.

– Nadia Budde (Preisträger 2010)

• Jurybegründung vom Arbeitskreis Jugendliteratur (Lorin)
Die Jury lobt die Art und Weise wie Nadia Budde ihren Roman „Such dir was aus, aber beeil dich“ dargestellt hat. Sie bewertet ihren Roman sehr sinnlich und hebt vor allem das Positive daraus, dass die Leser sich an den richtigen Punkten durch Leerstellen ihre eigene Deutung schaffen können, wie es in anderen Romanen nicht üblich ist. Die Jury hebt vor allem vor, dass es in dem Roman nicht nur um biographische Kindheitserzählungen geht, sondern um die eigene Kindheit in der DDR der 1960er und 1970er Jahre und eine Reflexion dessen was Kindheit eigentlich ist. Laut der Jury geht es um das eigentliche Kind sein und darum welche Wahrnehmungen und welches typische Verhalten ein Kind hat. Der Bezug zu der DDR spielt bei der Jurybewertung nur eine kleine Rolle. 

Online verfügbar unter: https://www.jugendliteratur.org/buch/such-dir-was-aus-aber-beeil-dich-99-9783596808328/?page_id=1. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

• Rezension von Jugendbuchtipps.de – Ulf Cronenberg, 22. Mai 2009. (Ecem)
Die Rezension beginnt mit einer Spekulation über den Geburtsort der Autorin, Nadia Budde. Der Fischerverlag gibt an, dass sie in Berlin geboren wurde, woraufhin Cronenberg spekuliert, es müsse sich dabei um Ostberlin handeln, da viele Episoden des Buches ein Leben in der DDR thematisieren. Cronenberg lobt an Nadia Buddes Buch, dass sie die Wirklichkeit der DDR, welche in der Regel sehr ernst zu nehmen sei, mit seinen Worten „auf die Schippe nimmt“ und sich einen Scherz aus ihnen erlaubt. Dass Budde dabei ironisiert und dabei sogar sarkastisch und teilweise zynisch schreibt, ohne dabei den liebevollen Blick auf die Kindheit in der DDR zu verlieren, macht einen wichtigen Teil seiner Bewertung aus. Dennoch spielt die Zusammenarbeit zwischen Text und Bild, sowie das Spiel mit der Sprache sowie eine Beurteilung des Covers eine wichtige Rolle in Cronenbergs Rezension. Zusammengefasst macht die Darstellung bzw. der Bezug zur DDR ungefähr die Hälfte der Einschätzung zum Buch aus.

Online verfügbar unter: https://www.jugendbuchtipps.de/2009/05/22/buchbesprechung-nadia-budde-such-dir-was-aus-aber-beeil-dich/. Letzter Zugriff: 14.05.2020.

• Bewertung der Einschätzungen (Ecem)
Zur Jurybegründung

Der Jurybegründung ist sehr gelungen und spricht wichtige Punkte des Buches an. Durch wichtige Leerstellen wird Raum dazu geschaffen, dass sich der/die Leser/in eigenständige Gedanken machen kann. Beispielsweise folgen im Kapitel Stadttod und Landtod am Ende zwei Seiten ohne Schrift, bloß mit Bildern. Hier ist eine Deutung der Leser/innen notwendig, um zu wissen, wie die Geschichte bzw. das Kapitel ausgeht.

Auch ist die Erzählung der Kindheit keine biographische, sondern eine Erzählung über das allgemeine Kindsein in der DDR. Eine ganze Doppelseite besteht aus Beschreibungen des Kindseins: „Kindsein war: hinfallen, im Tunnel schreien, ins Badewasser pinkeln, Läuse haben […].“ Die typischen Wahrnehmungen und typisches Verhalten von Kindern wird, wie auch in der Jurybegründung steht, lobenswert dargestellt.

Zur Rezension

Nadia Budde beschreibt ernste politische Themen, mit einem sarkastischen Ton und erlaubt sich einen Spaß aus ihnen. Auch lässt sie dabei nicht die Kindheit aus dem Auge und bringt die beiden Bereiche Politik und Kindheit ironisch zusammen. „In der Mitte wohnte Frau Lange, die Hausvertrauensfrau mit dem Hausbuch*, und der Hausmeister, der manchmal im Fahrstuhl pupste. *Im Hausbuch waren alle Mieter verzeichnet. Bekam man Westbesuch, musste dieser ins Hausbuch eingetragen werden. Oft wusste die für das Hausbuch zuständige Person schon vor dem Eintrag, wer zu Besuch kam.

Neuere Beiträge »

© 2024 KJL über die DDR

Theme von Anders NorénHoch ↑