„Aber wer erinnert sich heute schon gern daran, wenn er zurückdenkt? Man mag’s ja kaum noch aussprechen, das böse Wort mit O, aber an dieser Stelle ist jetzt kein Entrinnen mehr. Denn eins wurde beim Phänomen Ostalgie beharrlich ignoriert: eine differenzierte Beschreibung dessen, was sich hinter diesem griffigen Schlagwort eigentlich verstecken soll.“[1]


Sicherlich habt ihr schon in der Schule oder durch eure Familie sehr viel über die DDR gelernt, sowie einiges darüber gelesen. Seit der Wiedervereinigung 1989 gibt es eine Menge Literatur und Erzählungen darüber. Viele habt ihr bestimmt im Unterricht behandelt oder auch sogar eigenständig zu Hause aus privatem Interesse gelesen. Die Darstellung der DDR ist jedoch nicht überall identisch. Möglicherweise sind euch einige Falschdeutungen, Ungerechtigkeiten und Vorurteile darüber schon bekannt.
Kasper H. Spinner ist der Meinung, dass unsere Identitätsbildung ohne eine Erinnerung nicht denkbar wäre. Hierbei unterscheidet er zwischen dem was uns erzählt wird und zwischen dem, was wir durch Literatur/Schule vermittelt bekommen.


Erinnerungen durchs Erzählen
Wenn uns jemand ein gravierendes Ereignis erzählt, so stellen wir uns dieses in unseren Köpfen vor. In den meisten Fällen können wir unsere eigenen, erlebten Geschehnisse aus der Vergangenheit damit vergleichen und uns somit mit unserem gegenüber identifizieren. Eigene Erinnerungen, sowie Vorstellungen werden durch unseren Gegenüber geweckt und möglicherweise verdrängtes wieder hervorgeholt. Durch diese geweckten Erinnerungen, sowie auch Vorstellungen entwickeln wir einen gewissen Gefühlsbezug zu dem erzählten Geschehnis. Kennt ihr das nicht auch manchmal, wenn euch jemand etwas trauriges erzählt, dass ihr automatisch auch traurig werdet, weil ihr mit dem Jenigen mitfühlt? Ihr schafft unterbewusst ein sogenanntes Emotionales Bild. Erzähltes ist jedoch nicht gleich Erzähltes. Man unterscheidet beim Erzählten zweierlei:
Man unterscheidet zwischen kommunikativem Gedächtnis und kulturellen Gedächtnis.
Das kommunikative Gedächtnis ist, wenn ihr zum Beispiel von euren Freunden etwas erzählt bekommt. Es ist meist immer alltagsbezogen und sehr nah an eure Interessen gebunden.
Das kulturelle Gedächtnis hingegen ist, was ihr meist von eurer Familie weiter vermittelt bekommt, wie zum Beispiel Traditionen oder alte Denkweisen, die beibehalten werden sollen.
Beides hat einen großen Einfluss auf unsere (eure) spätere Identität, denn damit können wir unsere Vergangenheit, sowie unsere Zukunft reflektieren.

Erinnerung durchs Erzählen an die DDR
Nun wie ist es aber beim Erinnern an die DDR?
Wie wir oben schon gesagt hatten, spielen hier die beiden Erzählformen eine große Rolle.
Wenn man an die DDR durch Erzählungen zurück denkt, so entsteht eine gewisse Spannung zwischen dem kommunikativem und kulturellem Gedächtnis.
Täglich nehmen wir unsere Erfahrungen, Geschehnisse und Erlebnisse mit. Sie machen uns zu dem wer wir sind. Unsere Familie, Freunde, sowie die Lehrer in der Schule steuern dazu bei. Wenige Jugendliche haben heutzutage noch Familienmitglieder, die die Geschehnisse in der DDR noch selbst miterlebt haben. Die meisten sind leider verstorben und nur die nachfahren können die Erzählungen derer wiedergeben. So entsteht jedoch eine gewisse „Tradition“ (Denkweise), die an uns, auch wenn nur über dritte, so gut wie es nur geht weitergegeben wird. Die Familie versucht die positiven Dinge aus diesen schlechten Ereignissen festzuhalten, um somit das Gemeinschaftsgefühl zu verbessern. Hingegen die Gespräche in der Schule, sowie die mit Freunden, verlaufen eher negativ. Die DDR wird als Unrechtsstaat angesehen und die positiven Dinge bleiben aus.
So werden wir mit einer traurigen, aber doch schönen versuchten Tradition, sowie mit einem verankerten negativen Bild der DDR konfrontiert.


Erinnerungen an die DDR durch Literatur
Hattet ihr das schon einmal, dass euch ein Buch so fasziniert hat, dass ihr euch selbst in dieser Lektüre wiederfinden konntet?
Auch das Lesen von Lektüren kann unsere Identität äußerst beeinflussen. Durch das auseinandersetzen mit einigen Situationen in einem Buch, wird diese geprägt. Die sprachlichen Stilmittel, wie zum Beispiel wörtliche Rede oder ein innerer Monolog können dabei helfen, innere Gefühle darzustellen
Aber was hat das mit der DDR zu tun?
Wie oben schon erwähnt wird mittlerweile besonders in der Schule das negative Bild der DDR versucht aufrecht zu erhalten. Die Lektüren der DDR behandeln Themen, die meist in der Schule behandelt werden, wie zum Beispiel: Hoffnung und Enttäuschung, also der Einblick in die „Wunschwelt“ und Einsicht in reale Zwänge oder Utopie und Versagen und viele Themen mehr. Die DDR ist für Schülerinnen und Schüler somit nicht mehr nur Inhalt des kommunikativen Gedächtnisses, sondern nur noch des kulturellen Gedächtnisses. Jeder Mensch hat eine andere positive, wie auch negative Auffassung der DDR. Es haltet sich somit Vermittlungen von Träumen, die Menschen mit dem Entstehen der DDR verbunden haben, sowie auch eine kritische Sicht auf das System und die Erfahrung von Unterdrückung.[2]

Zusammengefasst lässt sich jedoch sagen meine Lieben, dass ihr selbst entscheidet, was ihr für positiv, wie auch negativ haltet. Klar ist, dass die Menschen, die in der DDR gelebt haben mehr aussagen treffen können, als das was wir vielleicht durch eine Lektüre aufschnappen. Außer es handelt sich um eine Biographie.

Macht euch euer eigenes Bild und bleibt euch selbst immer treu! Viel Spaß beim weiteren stöbern!
Eure Tuana 🙂


[1] Rusch, Claudia: Richtige Gefühle im falschen Staat: Erinnerungen an die DDR. URL: https://www.welt.de/print-welt/article343959/Richtige-Gefuehle-im-falschen-Staat-Erinnerungen-an-die- DDR.html [abgerufen am: 25.06.2020].

[2] Spinner, Kasper H.: DDR-Erinnerung und Identität. In: Führer, Carolin (Hrsg.): Die andere deutsche Erinnerung. Tendenzen literarischen und kulturellen Lernens. S. 29-37.