„Es gibt diesen Witz aus den Neunzigern. Ich weiß nicht mehr, ob ihn mir ein Ost- oder ein Westdeutscher erzählt hat. Er geht so: Was bekommt man, wenn man einen Ossi und einen Wessi kreuzt? – Einen arroganten Arbeitslosen. Okay, er ist nur ein bisschen komisch. Und ja, er stimmt auch nicht. Waren ja schließlich längst nicht alle Westdeutschen arrogant. Aber die Frage nach der Kreuzung, die geht schon in die richtige Richtung.“[1]
Ihr habt bestimmt schon einmal von den Begriffen „Ossi“ und „Wessi“ gehört. Seit der Wiedervereinigung 1989 ist viel Zeit vergangen und trotzdem merken vor allem die Ostdeutschen, dass die Mauer in manchen Köpfen noch nicht ganz verschwunden ist. Es gibt immer noch Vorurteile, Ungerechtigkeiten und Stereotypen und das auch vor allem in der heutigen Kinder- und Jugendliteratur.
Carsten Gansel zum Beispiel unterscheidet in der KJL in seinem Bericht „Atlantiseffekte in der Literatur?“[2] zwischen drei Stereotypen in der DDR:
Der Täter-Opfer-Topos:
Wird nach den Gründen für das Ende der DDR gefragt, so bekommt man immer dieselbe Antwort: rücksichtslose und unfähige Menschen haben den DDR-Staat in den Ruin getrieben und die Menschen, die in der DDR wohnten, belogen. „Die da oben“, also sozusagen die Chefs der DDR werden dafür verantwortlich gemacht. Dabei wird aber niemals deutlich, wofür die DDR-Führung und die SED-Funktionäre die Verantwortung tragen müssen. Die SED war übrigens eine damalige Partei und bedeutete Sozialistische Einheitspartei Deutschlands.
Der Widerstandstopos:
Der Täter-Opfer-Topos hat auch etwas mit dem Widerstand in der DDR zu tun. Im Alltag der DDR gab es eine Organisation, die eine Atmosphäre der Angst und Bedrohung herstellte. Während der DDR wurde also eine Menge an Widerstand und Verfolgung erlebt. Viele haben sich selbst auch Fragen um Flucht und Ausreise vor und nach 1989 gestellt, doch Fliehen war gefährlich! Wer flieht, galt als republikflüchtig und galt als Verräter! Stellt euch das mal vor? Du darfst in deinem eigenen Land nicht hingehen, wohin du möchtest…Anhand der beiden Stereotypen wird die Bevölkerung der DDR also als Opfer dargestellt, jedoch vergessen viele Menschen dabei, dass die DDR über 40 Jahre von vielen Menschen der DDR mitgetragen wurde!
Das Feindbild-Lehrer/ Eltern:
Kennt ihr das nicht auch manchmal? Eltern und Lehrer sind manchmal und in gewissen Situationen ganz schön blöd, weil sie euch etwas vorschreiben wollen oder ihr Ärger bekommt, wenn ihr Blödsinn gemacht habt…Auch in der Literatur zählen Eltern und Lehrer als Figurengruppe, die die Schuld zu tragen hat. Dabei werden sie vor allem mit Eigenschaften, wie mangelnder Mut, Heuchlerei, Anpassung oder Parteihörigkeit ausgestattet. Dadurch wird ein schlechtes Verhältnis oder eine Art Bruch im Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern aufgezeigt.
Viel Spaß beim Stöbern in den Büchern nach Stereotypen und Vorurteilen!
Eure Leonie 🙂
[1] Bangel, Christian: Jetzt kommen die Wossis. URL: .https://www.zeit..de/gesellschaft/2019-05/deutsche-wiedervereinigung-ostdeutsche-westdeutsche-wossi [abgerufen am: 18.06.2020].
[2] Gansel, Carsten: Atlantiseffekte in der Literatur? Zur Inszenierung von Erinnerung an die verschwundene DDR. In: Dettmar, Ute u. Oetken, Mareile (Hrsg.): Grenzenlos. Mauerfall und Wende in (Kinder- und Jugend-) Literatur. Winter GmbH, Heidelberg 2010, S. 17-49.
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